Restauration eines 77 Jahre alten M1 Garand

In diesem Blogbeitrag möchten wir intensiver auf unsere Büchsenmacherwerkstatt eingehen. Neben den üblichen Arbeiten wie Mündungsgewinde schneiden, Laufkürzungen, Zielfernrohre montieren, Schaft Kürzungen, Einschießen etc. besteht bei uns ebenfalls die Möglichkeit, den Bau einer maßgeschneiderten Büchse durchführen zu lassen.

  • Sie wollten schon immer eine Jagdwaffe auf Basis eines 98er-Systems?
  • Oder auch eine Long Range Büchse auf der Basis eines Remington 700 Systems?
  • Sie haben ein altes Ordonnanzgewehr und wünschen eine Komplettrestauration?

Auch hierfür bieten wir maßgeschneiderte Lösungen!

Für ein solches Restauration-Projekt haben wir uns meinen 77 Jahre alten M1 Garand vorgenommen, welcher im Jahr 1943 gefertigt wurde. Beim M1 Garand handelt es sich um ein als Gasdrucklader entwickeltes Selbstladegewehr, welches  von 1936 bis 1957 als Standardgewehr der US-Streitkräfte diente. Bei der vorliegenden Waffe handelt es sich um ein von Springfield Armory gefertigtes Modell im Kaliber .30-06.

Die Waffe in Ihrem Ursprungszustand

Die Funktion der Waffe war tadellos. Die Phosphatierung war jedoch an vielen Stellen abgegriffen und auch der Schaft hatte einige Blessuren über die Jahre wegstecken müssen. Ziel war es, der Waffe wieder den Glanz der damaligen Zeit zu verleihen, jedoch ohne wesentliche Abänderungen des Originalzustandes. Wenn eine Änderung vorgenommen wurde, musste diese komplett rückbaubar sein.

Die einzelnen Arbeitsschritte

  • Komplette Zerlegung der Waffe und Überprüfung jedes einzelnen Teiles auf dessen Funktion
  • Entfernen schadhafter Stellen der Metallteile sowie das Entfernen gröberer Frässpuren für ein optimales Finish
  • Glasperlen strahlen der kompletten äußeren Metallteile
  • Das Anbringen einer Cerakote Beschichtung
  • Das Entölen und komplette Abziehen des Schaftes bis keine Dellen oder Kratzer mehr sichtbar sind
  • Die Bearbeitung des Schaftes mit Tungöl, um den ursprünglichen braunen Farbton wiederzuerlangen und ihn robust gegen äußere Einflüsse zu machen
  • Eine Abzugsüberarbeitung, um eine trocken stehenden Abzug und ebenso leichten Abzugswiederstand zu erreichen
  • Das Entfernen der restlichen Bajonettwarze, welche nach der alten Waffengesetzgebung entfernt wurde
  • Das Entfernen eines Metallstücks im Magazinkasten, welches die Waffe auf 5 von ursprünglich 8 Schuss blockierte
  • Das Unterfüttern des Schaftes, um eine saugende Verbindung zwischen Schaft und System herzustellen
  • Das Anbringen einer handgefertigten Montage für ein Docter Sight, welches zwischen die Ohren der ursprünglichen Lochkimme gesetzt wurde. Hierbei durften keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen werden und die Montage musste komplett rückbaubar sein, um die Waffe wieder in den Ursprungzustand zu versetzen.
  • Das Einlasern des original Springfield Armory Logos in den Hinterschaft

Der erste Schritt war es also, die Waffe in Ihre Bestandteile zu zerlegen und sich einen genauen Überblick über den Zustand der Waffe zu verschaffen.

Überarbeitung der Metallteile

Die Metallteile waren dem Alter entsprechend in einem guten Zustand. Da diese Waffe jedoch zu Kriegszeiten gefertigt wurde, war ein perfektes Finish der Metallteile natürlich reine Nebensache. Besonders an den Seiten des Systems waren grobe Frässpuren vorhanden. Das System wies jedoch eine extreme Härte auf und fordert viel Muskelschmalz sowie eine harte Beanspruchung der Feile, mit der diese Spuren entfernt wurden. Auch der Seite des Durchladehebels wurde ein neues Finish verliehen.

Ebenso waren an der Gasabnahme die Reste einer einst abgeschliffenen Bajonettwarze zu sehen, welche zur damaligen Zeit aufgrund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen entfernt werden musste.

Rest der alten Bajonettwarze

Um hier ein schöneres Gesamtbild zu erzeugen, wurde wieder die Feile bemüht und die Reste der Bajonetwarze an die Rundung der Gasabnahme angeglichen.

Gasabnahme nach dem Entfernen der Bajonettwarze

Somit war dieser Schritt abgeschlossen und die Waffe war bereit zum Glasperlenstrahlen. Durch diese Maßnahme wurde die komplette alte Phosphatierung entfernt.

Ein weiterer Punkt dieses Arbeitsschrittes ist einen gleichmäßigen, matten metallischen Glanz zu erreichen und feinere Fräser Spuren zu entfernen. Eine Begleiterscheinung ist die Verfestigung des Materials durch das Auftreffen der Glasperlen auf das Material.

Da es zur heutigen Zeit mehrere Verfahren gibt, die Metallteile einer Waffe vor Korrosion zu schützen, entschieden wir uns für eine Cerakote Beschichtung. Da ich auch meinen Marlin Unterhebelrepetierer mit Cerakote beschichten ließ und ich gute Erfahrungen in Bezug auf Verschleißfestigkeit und Korrosionsschutz gemacht hatte, war die Wahl schnell getroffen.

Die Anforderung an die Cerakote Beschichtung war es jedoch das Erscheinungsbild einer Phosphatierung zu haben. Anhand geschickter Farbmischungen und Sprühverfahren konnte auch dieser Schritt erfüllt werden.

Abziehen und ölen des Schaftes

Auch der Schaft musste natürlich überarbeitet werden. Wie auch bei den Metallteilen hilft hier nur Muskelkraft und etwas Geduld um einen glatten, seidenmatten Schaft mit der original braunen Tönung zu erhalten.

Als Erstes wurde anhand von Backofenspay das über die Jahre eingedrungene Öl entfernt. Dieses ist unter anderem auch für die extrem dunkle Färbung des Holzes verantwortlich. Dieses Öl musste also rückstandslos entfernt werden. Nachdem dieser Schritt abgeschlossen war, wurde mithilfe von Schleifpapier und Feile der komplette Schaft abgezogen bis alle Kratzer, Dellen und unschöne Stellen entfernt waren.

Erst nachdem der Schaft eine komplett glatte Oberfläche aufgewiesen hatte, wurde er geölt, um den braunen Farbton der damaligen Zeit zurückzuerhalten. Dieser Schritt wurde mehrfach wiederholt, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.

Ebenfalls wurde der Schaft im inneren für eine saugende Passung unterfüttert, um das Spiel zwischen Schaft und System so gering wie möglich zu halten.

Der Abzug

Das Abzugsgewicht, der Abzugsweg und auch der Druckpunkt waren von Anfang an verblüffend gut. Ein Ausbau der Abzugseinheit brachte die Gewissheit. Der Abzug der Waffe verfügte über eine Clover leaf (Kleeblatt) Bohrung.

Der rote Pfeil zeigt die Clover Leaf Bohrung

Diese Abzüge sind zweifelsohne die Besten, welche je in Garands verbaut wurden und fanden ab Sommer 1943 Verwendung.

Tipp: Wenn Sie also auch auf der Suche nach einem Garand sind, können Sie durch Entfernen der Abzugseinheit schnell herausfinden, ob die Waffe über den beschriebenen Abzug verfügt.

Ein bisschen was geht jedoch immer und somit konnte unser Büchsenmacher es sich nicht nehmen lassen auch am Abzug etwas nachzubessern.

Entfernung der 5 Schuss Blockade

Ein weiterer Punkt war die Entfernung der 5 Schuss Blockierung, welche einst anhand eines eingeschweißten Metallstücks realisiert wurde. Auch diese wurde entfernt und mit der Feile eine fast Rückstandlose Oberfläche geschaffen. Anhand geschickter Sprühverfahren beim Beschichten wird von der einstigen Blockierung nichts mehr zu sehen sein.

Eingeschweißter Stahlblock, welcher die Waffe auf 5 Schuss blockierte
Nach der Cerakote Beschichtung wird nichts mehr an den Stahlblock erinnern.

Da ich die Waffe auch gerne zur Drückjagd führen möchte, war die Überlegung der Waffe ein Leuchtpunktvisier zu spendieren. Die Montage eines solchen gestaltet sich beim M1 Garand jedoch nicht so einfach. Wie eingangs erwähnt, wird die Waffe anhand von Clips geladen. Dieser Clip fasst im Originalzustand 8 Schuss und wird von oben in die Waffe eingeführt (es gibt auch jagdliche 2 Schuss Clips).

Nachdem die letzte Patrone abgefeuert wurde, öffnet sich der Verschluss, zieht die leere Hülse aus und wirft den Clip in hohem Bogen mit einem unverkennbaren „Ping“ aus der Waffe. Aus diesem Grund kann keine Schiene oder dergleichen montiert werden, welche über dem Verschluss sitzt.

Deutlich zu erkennen – Hülse und Ladeclip werden nach dem letzten Schuss in hohem Bogen ausgeworfen

Die Montage

Eine Seitenlösung kam für mich nicht infrage, da ich so keinen optimalen Anschlag erreichen würde. Da auf der Drückjagd sehr oft eine schnelle Reaktion gefordert ist, musste eine optimale Lösung gefunden werden, um schnell und zuverlässig in Anschlag zu kommen. Gerade in solchen Situationen spielt ein schneller Anschlag eine wesentliche Rolle und entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. 

Für die Montage wurde das Originalvisier ausgebaut. Somit blieben rechts und links die ‘‘Ohren‘‘ der Visierung stehen, welche auch später ein wichtiger Bestandteil der Montagen werden sollten. Es wurde ein passender Stahlblock gesucht und dieser anhand von Fräser und Feile auf Maß gebracht.

Unserem Büchsenmacher war es wichtig, nicht nur einen plumpen Stahlblock als Montage einzusetzen. Er wollte die wellenartige Form des Originalvisiers aufgreifen, um eine formschlüssige Montage zu erhalten.

Auch hierfür musste wieder die Feile herhalten. Um eine feste Verbindung herzustellen, wurde eine Querbohrung angebracht, durch die der original Querbolzen des Visiers greift.

Diese Montage ist also eine reine Handarbeit und wurde extra für die Waffe von unserem Büchsenmacher angefertigt, da nur ein so ein optimaler Anschlag und Platzierung des Docter Sight sichergestellt werden konnte.

Die Montage war jedoch zu hoch für einen optimalen Anschlag. Ebenso war sie aufgrund der Wellenform kürzer als das Docter Sight. Das Docter Sight wird anhand der Montage jedoch von unten abgedichtet. Die Lösung war schnell gefunden…

Es wurde extra eine dünne Unterplatte angefertigt, welche das Docter Sight zuverlässig abdichten sollte. Die Montage musste also in der Dicke der Unterplatte ausgefeilt werden, um dies auszugleichen. Da von der Montage jedoch sowieso Material abgenommen werden musste, um das Docter Sight tiefer zu setzen, war dies kein großer Beinbruch.

Um jedoch die Schussfestigkeit zu garantieren, musste im vorderen Bereich eine M3 Schraube in das System gesetzt werden. Da diese Gewindebohrung jedoch unter der Original Visierung bei einem Rückbau verschwinden würde, konnte dies in Kauf genommen werden.

Der Blickfang

Um dem Garand noch einen wahren Blickfang zu verpassen, wurden einige  Überlegungen angestellt. Zuerst standen Gravuren im Raum, welche jedoch aufgrund des originalen Zustandes schnell wieder verworfen wurden. Es musste zur Waffe passen und ebenso eine sinnige Verbindung herstellen. Was lag da näher, als das original Springfield Armory Logo.

Dieses Logo wurde anhand einer Lasergravurmaschiene in den Hinterschaft eingelasert. Nun waren alle Arbeiten abgeschlossen und die Waffe konnte in die Endmontage gehen.

Fazit

Die Waffe wird mich wohl noch auf einigen Drückjagden begleiten. Ich muss gestehen, es gehört ein klein wenig Nostalgie dazu solch eine Waffe zur Jagd zu führen. Ich könnte auch meine Blaser R8 oder meine Heym SR30 führen, doch nicht alles was “neu“ ist muss auch gleich besser sein. Der Garand hat fast 80 Jahre auf dem Buckel und zeigt eine Funktion sowie Präzision, von der sich so manches neue Eisen eine Scheibe abschneiden könnte.

Lassen Sie Ihre alten Waffen also nicht im Schrank verstauben, nur weil sie nicht mehr zeitgemäß, neuwertig oder auch etwas an ihrer Funktion eingebüßt haben. Ich bin sicher, wir finden eine Lösung für Sie, damit auch Ihre alten Waffen wieder dafür genutzt werden, wofür Sie gebaut wurden. Sei es die Jagd oder das Sportschießen.

Falls Sie Fragen zu Büchsenmacher Arbeiten haben, können Sie sich selbstverständlich gerne an uns wenden. Unsere Büchsenmacher Herr Holzmann und Herr Nicola beraten Sie gerne rund um das Thema Waffen, Montagen, Munition, Restauration, Laufkürzungen, Mündungsgewinden, Abzugstuning, komplette Neubauten und vielem mehr.

Markus Steinbrecher
Autor
Markus Steinbrecher
Markus ist passionierter Jäger und verbringt seine freie Zeit gerne in der Natur und im Revier. Seine Spezialgebiete sind vor allem Jagd- und Sportwaffen sowie die Themen Munition und Optik.

Kein Beitrag mehr verpassen!

Jetzt in unserem Verteiler eintragen und wir versorgen Sie regelmäßig mit den neuesten Testberichten & Ratgebern

Schreibe einen Kommentar